Vortrag: Erscheinungsformen des Antizignanismus mit Ruhan Karakul am 12.03.2019

#IWgR19 #IWgR2019 #immerwaslosinLandau Nach einer kurzen Einleitung durch unsere 1. Vorsitzende Tanja Sattler, die unter anderem eine offizielle Definition des Begriffs „Anti-Ziganismus“ gab, richtete Herr Weiß vom Landesverband Deutscher Sinti und Roma Rheinlsnd- Pfalz ein Grußwort an alle Gäste und insbesondere an Frau Karakul, die 3,5 Jahre Justiziarin des Zentralrats tätig war. Er sprach unter anderem von der Alltags-Präsenz des Anti-Ziganismus und sprach eine Forderung nach einem/einer „Anti-Ziganismus – Beauftragten“ aus, um damit ein Zeichen zu setzen für die Wichtigkeit des Themas.
Frau Karakul begann daraufhin ihren Vortrag mit einer gesetzlichen Grundlage, nämlich dass alle Menschen vorm Gesetz gleich seien. Dabei verwies sie auch auf die von Deutschland ratifizierte Anti-Rassismus-Konvention, die damit für die deutsche Rechtsprechung geltendes Recht darstellt.
Ziganismus meint dabei eine homogenisierende Darstellung („die klauen alle, betteln und entführen Kinder“), eine Zuschreibung bestimmter Eigenschaften („arbeitsfaul, Sozialschmarotzer…“) und das Vorhandensein diskriminierender Strukturen, die eine strukturelle Ungleichheit produzieren.
Ein großes Problem besteht darin, dass Anti-Ziganismus, im Gegensatz zum Antisemitismus weder eine eigene Kommission hat (was seit der vorletzten Regierungslegislatur schon hätte geschehen sollen), noch als gesellschaftliches Problem anerkannt wird. Dabei haben bei Umfragen im letzten Jahr die Hälfte aller Deutschen angegeben, sie würden „die Sinti und Roma aus den Innenstädten raus haben wollen“ und gar 60 Prozent unterstellten ihnen „einen Hang zur Kriminalität“.
Besieht man sich die Geschichte des Anti-Ziganismus, ist dies nicht weiter verwunderlich. 1956, also deutlich nach Ende der NS-Zeit, fällte der Bundesgerichtshof bezüglich Sinti und Roma ein rassistisches Gerichtsurteil, von welchem der BGH sich erst 60 Jahre danach distanzierte. Bis 2016 liefen jedwede Bemühungen seitens des ZRDSR ins Leere.
1967 gab es in einem Leitfaden für angehende Beamte des BKA eine rassistische Beschreibung der Sinti und Roma, die auf bloßen Stereotypen und Vorurteilen beruht.
Erst 1982 wurde anerkannt, dass es eine rassistische Verfolgung der Sinti und Roma gibt.
Und selbst danach, in den 2000ern kam und kommt es immer wieder zu entsprechenden Äußerungen. Ein Polizeibericht im Jahre 2014 etwa sprach von einer „mobilen ethnischen Minderheit“, was rechtsstaatlich nicht rechtens ist, stellt es doch einen Strafbestand in unmittelbaren Bezug mit einer Minderheit, die es eigentlich vor Stereotypierung und Vorurteilsbildung zu bewahren gilt.
Ebenso gab es während der NSU-Morde eine falsche Spur, die direkt auf die Sinti und Roma hingedeutet wurde und zu rassistischen Aktenvermerken geführt hatte. Obwohl sich herausstellte, dass diese Anschuldigungen komplett falsch waren, gab und gibt es noch immer keine Entschuldigung seitens der Behörden, die damals ermittelt hatten.
Ebenso werden Sinti und Roma in Medien stereotypisch dargestellt, es werden jegliche Klischee-Register gezogen und das wird dann manchmal auch noch von Staatsgeldern finanziert. Ein Beispiel aus jüngster Zeit dafür ist der Kinderfilm „Nellys Abenteuer“, in dem die kleine Nelly beim Urlaub in Rumänien von einem „Roma-Clan“ entführt wird. Kinder finden an einem solchen Film erst mal nichts Schlechtes, aber die Bilder des Stereotyps prägen sich ein, sie sorgen dafür, dass der Frame gebildet oder stabilisiert wird.
Zuletzt sei noch auf den Fall des NPD-Plakats verwiesen worden: „Geld für Oma statt für Sinti und Roma“. Eine höchst plakative und rassistische Aussage, die in wenigen Kommunen von den Mästen genommen wurde, musste aufgrund eines Urteils des Kasseler Gerichtes von den Kommunen geduldet werden, weil das Gericht keine Volksverhetzung darin erkennen konnte/wollte.
Ein großes Problem, und damit schloss Frau Karakul dann, sei eine fehlende Sensibilität. Nicht nur beim Volk, sondern auch bei Personen in juristischen Bereichen, die teilweise noch immer nichts von der Anti-Rassismus-Konvention wissen und diese somit nicht in ihre Arbeit einbinden können.

Das Fazit des Abends lautet: Anti-Ziganismus ist weit verbreitet und wir müssen die Augen aufhalten, um ihn zu erkennen und zu demaskieren und dagegen vorzugehen. Es bedarf mehr Sensibilität für und Solidarität mit den betroffenen Minderheiten!

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