Die Glocken der Stiftskirche hallen nach – Kundgebung in der Stiftskirche erfährt vollen Zuspruch

Es waren intensive 4 Wochen für Pfarrer Leonhard.
Ein breites Bündnis wollte er schaffen, gegen die seit 2 Jahren währenden Aufmärsche von Rechtsextremisten in der Südpfalz. Er ist Pfarrer der Stiftskirche in Landau; gemeinsam mit Dekan Janke steht er seit der letzten Nazi- Demo selbst massiv im Fokus der Rechtsextremisten.

Das Frauenbündnis Kandel marschiert immer am ersten Samstag eines Monats durch Landau/Pfalz. Monatelang wurde Kandel von ihnen belagert, bis dort wegen einer Großbaustelle der Hauptstraße Aufmärsche nicht mehr möglich waren. Die Rechten suchten sich eine neue Bühne für ihre Aufmärsche – sie fanden sie in Landau.

Zuletzt am 02.11.2019. Als sie auf dem Kirchenvorplatz der Stiftskirche eine Zwischenkundgebung abhielten, läuteten die Glocken der Stiftskirche. #ICH habe geläutet
Ein Zeichen für Toleranz, Menschlichkeit und Miteinander, gegen Hass und Hetze.

Dass diese friedliche Aktion den Rechtsextremen ein Dorn im Auge war, ist selbstredend. Nicht nur die Rechten sahen darin eine Störung der Kundgebung, sondern auch die Polizei.
Die Kirche wurde von den Ordnungskräften sofort aufgefordert das Geläute abzustellen und die Veranstaltung der Rechtsextremen nicht weiter zu stören; Anzeige wurde erstattet.

Die bereits für den 07.12. angekündigte weitere Demo der Rechten in Landau wollten diese an einem besonderen Ort abhalten. Ihr Ziel diesmal: der ,Stiftsplatz`, sowie – persönlich benannt – Dekan Volker Janke.
Doch Pfarrer Leonhard kam ihnen zuvor: er meldete eine Versammlung auf dem Stiftsplatz an mit dem Titel: ,Für Menschlichkeit und Miteinander. Hier stehen wir – wir können nicht anders`.

Sein Ansinnen für den 07.12. war klar und deutlich: Nicht nur die Kirche sondern auch alle demokratischen Kräfte in Landau sollten an diesem Tag gemeinsam gegen Hass und Hetze stehen.

Die Stadtspitze, Ordnungsamt, Polizei und Feuerwehr sahen jedoch in der Anmeldung auf dem Stiftsplatz eine abstrakte Gefährdungslage; begründet im zeitgleich stattfindenden Weihnachtsmarkt auf dem Rathausplatz.
Man bot der Kirche mehrere Ausweichmöglichkeiten außerhalb der Innenstadt an. Pfarrer Leonhard lehnte aufgrund der Symbolik des Stiftsplatzes und der direkten Angriffe gegen die Stiftskirchengemeinde ab.

Er lud alle im Landauer Stadtrat sitzenden Parteien und Wählervereinigungen zu einem Gespräch ins Gemeindehaus ein. Es waren gute Gespräch und schnell war man sich einig, dass Stiftsplatz und Stiftskirche als Veranstaltungsort nicht beliebig zu ersetzen seien.

Auch die Anregung des Ordnungsdezernenten, eine ,adventliche Kulkturveranstaltung` sehe man weniger problematisch an, als eine Kundgebung mit durchaus politischer Botschaft, wurde von den Anwesenden klar abgelehnt.

Gerade darum ging es den Beteiligten: ein klares Zeichen zu setzen gegen die menschenverachtenden, rassistischen Aufmärsche des ,Frauenbündnis`.
Die Grünen Landau forderten sogar alle auf, den Stiftsplatz unter allen Umständen als Veranstaltungsort zu halten, wenn nötig auch gegen einen negativen Auflagebescheid zu klagen.

In dem folgenden Kooperationsgespräch mit allen Beteiligten bekräftigte das Ordnungsamt seine Bedenken zur Sicherheitslage. Man könne den Stiftsplatz als Versammlungsort auf Anraten von Polizei und Feuerwehr nicht zulassen.

Eine weitere Begründung der Versammlungsbehörde: Wenn man dem Stiftsplatz als Versammlungsort zustimmen würde, müsse man damit rechnen, dass Rechtsextreme eine Gegenveranstaltung anmeldeten und sich dadurch die Sicherheitslage noch weiter verschärfen würde.

Die Fragen, die sich daraus ergaben:
Worin sahen die Behörden eine weitere Versschärfung der Sicherheitslage? In der Veranstaltung der Kirche?
Reichen hypothetische Annahmen einer Gegenveranstaltung des rechten Milieus in diesen Zeiten schon aus, um eine Versammlung, die Demokratie und Miteinander zum Inhalt hat, als ,Sicherheitsrisiko`einzuschätzen?
Sahen sich die Behörden nicht in der Lage, aufgrund der Bedrohung durch die Gegendemonstrationen, die Sicherheit der Veranstaltung auf dem Stiftsplatz zu gewährleisten?

Auch nach gründlicher Abwägung aller Aspekte war sich das Bündnis um Pfarrer Leonhard einig, dass gegen eine Ablehnung des geplanten Versammlungsortes Rechtsmittel eingelegt werden würden – Grünne und CDU erklärten, dass sie diesen Weg nicht mitgehen würden.
Zur Überraschung aller Anwesenden bezeichnete Fraktionsvorsitzende Lea Sassnowski ihre Aussage aus dem ersten Gespräch ohne weitere Erklärung als ,Bluff`.

Kirche, SPD, Linke, Pfeffer und Salz, Die Partei sowie der Verein für Toleranz und Menschlichkeit Südpfalz, AStA, Omas gegen Rechts Landau hielten an ihrer Haltung fest. Solidarische Unterstützung von extern bekundeten die Bündnisse Kandel gegen Rechts, Omas gegen Rechts Kandel und die Kurfürstlich Kurpfälzische Antifa. Eine Klage wurde vorbereitet.
Diese wurde vom Verwaltungsgericht abgelehnt; der Stiftsplatz als Veranstaltungsort war somit außen vor.

Dennoch hielt das Bündnis an der Symbolik des Platzes und der damit verbundenen Solidarität mir der Stiftskirchengemeinde fest und entschied, die Veranstaltung IN der Stiftskirche stattfinden zu lassen.

Mit rund 1400 Menschen war die Stiftskirche bis auf den letzten Platz gefüllt. Einmalig für die Pfalz: zum ersten Mal fand eine Demonstration gegen Rechtsextreme in einer Kirche statt.

Pfarrer Leonhard brachte in seiner Ansprache die Differenzen zwischen zivilgesellschaftlichem Engagement gegen Rechts und politischen Interessen deutlich auf den Punkt.
Er rief dazu auf, die Zeichen der Zeit zu erkennen und sich klar und deutlich für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Toleranz und Menschlichkeit einzusetzen; gleich welcher Herkunft oder welchen Glaubens.

Dahinter müssten auch ,politische Machtspiele`zurückstehen.
Seine Ausführungen wurden immer wieder von tosendem Applaus unterbrochen.

Dekan Janke knüpfte an die Rede Leonhards an. Auch er betonte die Bedeutung des ,Protests – vor allem in Hinblick auf die unrühmliche Vergangenheit der Evangelischen Kirche der Pfalz während der NS-Zeit. Er schlug den Bogen zur aktuellen Situation. In der Pfalz, in unserer Gesellschaft, in Europa, weltweit.

Stadtbürgermeister Maximilian Ingenthron rief dazu auf, das Schweigen zu beenden. Eine BürgerInnen einer aufgeklärten Gesellschaft müssten sich gegen die demokratiefeindlichen Tendenzen unserer Zeit zur Wehr setzen.
Die Polemik und demagogische Hetze, bis hin in höchste politische Ämter, dürfe nicht unbeantwortet bleiben.

Dr. Charlotte Dany, Geschäftsführerin der Friedensakademie Rheinland-Pfalz ermutigte zum politischen Diskurs. Positionen und Haltungen müssten miteinander diskutiert werden.

Die musikalische Umrahmung der Versammlung gestalteten die Landauer Bläserkantorei, der Gospelchor ,Good News` aus Landau, die ,Landauer Liederleute` sowie der Chor ,Feinklang` aus Mörzheim.

Sie luden die Anwesenden ein, sich an den großartigen musikalischen Beiträgen ,Shalom chaverim` und ,Ode an die Freude` zu beteiligen.

Unter den Klängen von ,We shall overcome` verließen die Menschen gemeinsam die Stiftskirche.

Landau hat ein deutliches und starkes Zeichen ausgesendet!

Quelle: https://www.facebook.com/permalink.php?story_fbid=2551142741588253&id=1902364746466059&tn=-R

Die Glocken der Stiftskirche hallen nach – Kundgebung in der Stiftskirche erfährt vollen ZuspruchEs waren intensive 4…

Gepostet von Der Rote Rabe -BlogSpot für politische Kultur- am Samstag, 7. Dezember 2019