Stellungnahme des Vereins für Toleranz und Menschlichkeit Südpfalz e.V. zum sogenannten „Religionsstreit“

Der Verein für Toleranz und Menschlichkeit Südpfalz e.V. hat den Vorstoß unseres Oberbürgermeisters Herrn Geißler als längst überfällig sehr begrüßt. Deutschland hat sich als säkulärer Staat die Trennung von Staat und Kirche auf die Fahne geschrieben, dies gilt auch für die kommunale Ebene. Diese Trennung wird jedoch unterhöhlt, wenn Glaubensgemeinschaften mit veralteten Glaubensdogmen vom Staat finanziell profitieren. Sei es nun durch steuerlich finanzierte Zuschüsse oder, wie im Falle der Evangelischen Allianz, durch städtische Schirmherrschaften oder der Er lebt Gemeinde durch Raummiete für öffentliche Veranstaltungen oder sonstig geartete finanzielle Unterstützung aus Steuermitteln. Derzeit beobachten wir die Diskussionsverlagerung hin zu einem „Religionsstreit“, wie die Rheinpfalz jüngst titelte, weg von der eigentlichen Problematik und damit auch weg von den Betroffenen, den Opfern der hinter der Diskussion stehenden Diskriminierung, mit wachsender Irritation.

Wir als Verein verurteilen jegliche Form der Diskriminierung von Menschen. Wir stellen uns gegen jegliche Form der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit Für uns gilt hier das Popper´sche Toleranzparadoxon „Keine Toleranz der Intoleranz“. *1

Wir verurteilen Menschen und Strukturen, die anderen Menschen ihr Menschsein absprechen, ihnen absprechen, liebens- und lebenswert zu sein! Wer sich hinter seinem Glauben versteckt und hinter „Gottes Wort“, um sich selbst zu Gott aufzuschwingen und zu urteilen, welche Menschen „Gottes Liebe“ verdient haben, hat nichts, aber auch gar nichts begriffen und 80 Jahre gesellschaftlicher Entwicklung verpasst oder nicht sehen wollen. Religionen werden in genau dem Moment obsolet, in dem sie Menschen in verschiedene Kategorien einteilen. Mensch ist Mensch, Ende der Diskussion. Völlig egal, ob cis, trans, a-gender, nicht-binär. Liebe ist Liebe, ob asexuell, aromantisch, hetero, bi, homo oder pan, ob polyamorös oder monogam. Solange sie einvernehmlich ist und keine der daran beteiligten Personen in ihren Menschenrechten verletzt wird, geht es keinen was an außer die sich Liebenden. Wir verurteilen Menschen und Strukturen, die Menschen ihr Menschsein absprechen und dafür „Glauben“ und „Meinung“ nicht nur über die Menschenwürde stellen, sondern jeglichen wissenschaftlichen Konsens leugnen, wissenschaftsfeindlich argumentieren, Fakten, wie die Existenz mehrerer biologischer Geschlechter *2, leugnen, um betroffenen Menschen ihre eigene Identität absprechen. Wohin dies alles führen kann, haben wir in Deutschland ab 1933 bereits gesehen, als nicht nur Juden, Sinti und Roma, behinderte Menschen und politische Gegner vom Regime verfolgt und grausam ermordet wurden, sondern auch homosexuelle, transsexuelle und transgeschlechtliche Menschen vom Regime systematisch verfolgt und ermordet worden sind.

Zum Abschluss nochmal zurück zum sogenannten Religionsstreit, der an sich bereits ein Schlag ins Gesicht eines jeden betroffenen Menschen darstellt. Keine Religion oder religiöse Schrift steht über den universellen Menschenrechten und erst recht entscheiden keine Fundamentalisten wem Menschenwürde zu steht, und wem nicht, wie es die „bekennenden Christen“ in der aktuellen Diskussion wiederholt getan haben. Man braucht auch kein Buch, aus dem man die Menschenwürde ableiten kann, wie es unsere Freunde vom Südstern getan haben, wenn auch sicherlich in bester Absicht. Nichts und niemand steht über der Menschenwürde, denn diese ist unteilbar und gilt unwiderruflich für alle Menschen! Um dies zu verstehen, bedarf es genau eines Buches! Dies nennt sich Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland und wurde am 23. Mai 1949 unter den Eindrücken des NS- Terrors und des Holocaust verabschiedet, auf dass genau dies nie wieder geschehen soll! Wer dies nicht akzeptiert oder zumindest toleriert, steht in unseren Augen nicht auf dem Boden unserer freiheitlichen, demokratischen Grundordnung und muss dahingehend ausgegrenzt werden, keine staatliche Unterstützung mehr zu erhalten und nicht mehr von Steuermitteln zu profitieren. Daher stehen wir hinter dem Entschluss von Herrn Oberbürgermeister Geisler und hoffen, wie unsere Freunde vom Südstern ebenfalls, dass es sich hierbei nicht um eine populistische Nebelkerze handelt, sondern mit der gleichen Entschlossenheit auch gegen andere Institutionen vorgegangen wird, die sich ebenfalls über die Menschenwürde stellen.

1) Siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Toleranz-Paradoxon (abgerufen am 01.09.2023)
2) Siehe https://www.quarks.de/gesundheit/medizin/sexualitaet-wie-unser-biologisches-geschlecht-entsteht/ sowie https://www.spektrum.de/frage/geschlechtsidentitaet-gibt-es-mehr-als-zwei-geschlechter/1835662 und https://www.youtube.com/watch?v=8fraZlsmCio (jeweils abgerufen am 01.09.2023)

Absage! – Warum wir dieses Jahr nicht feiern

Ursprünglich wollten wir in diesem Jahr mit dem beliebtem Familien- und Begegnungsfest „Mittendrin & Bunt Alternative“ am 16. September unseren 5. Vereinsgeburtstag feiern.
Leider ist auch ToM von den Problemen, mit denen viele Vereine zu kämpfen haben, nicht verschont geblieben. Bereits vor der Corona Pandemie war es ein bekanntes Problem der Vereinslandschaft, dass es immer schwieriger wird Menschen zu finden, die sich ehrenamtlich in einem Verein engagieren möchten. Dann kam die Pandemie und mit der Pandemie haben sich die Lebensumstände vieler Menschen geändert teilweise auch erschwert. Das führte bei uns und vielen anderen dazu, dass wir viele aktive Menschen verloren haben, die sich für „ihren“ Verein engagieren.

Jetzt sind wir an dem Punkt, an dem wir uns entscheiden mussten: Bedingt durch die oben aufgeführten Probleme und schwerer Erkrankung (Long Covid) in unserem Vorstand, konnten wir nicht mehr rechtzeitig den Antrag auf Fördermittel für unseren Vereinsgeburtstag, der für uns den Neustart nach der Pandemie markieren sollte, einreichen. Wir wären sicherlich in der Lage gewesen auch ohne Fördermittel und nur mit dem „harten Kern“ des Vereins unser Geburtstagsfest durchzuziehen. Das wäre zwar ein enormer Kraftaufwand gewesen, aber unsere Aktiven haben schon so oft bewiesen, dass sie auch unter widrigsten Umständen zu einem solchem Kraftaufwand in der Lage sind und ihre Herzensprojekte umsetzten können. Aber die Folge wäre gewesen, dass unsere Vereinskasse nach dem Fest leer gewesen wäre und wir unsere für 2023 noch geplanten Projekte nicht mehr hätten finanziell stemmen können.
Und das wäre gerade in der aktuellen gesellschaftspolitischen Situation fatal: Eine in großen Teilen gesichert rechtsextreme Partei fährt immer höhere Umfragewerte ein und das Innenministerium kürzt fleißig die Mittel für politische Bildung und den Kampf gegen rechte Menschenfeinde. Die demokratischen Parteien erschaffen ihre eigene rechte Narrative, fahren mediale Kampagnen gegen Klimaschutzmaßnahmen um ihren eigenen Wohlstand, Macht und Posten zu erhalten. Friedliche Aktivist*innen werden ganz im Sinne der Rechten und der Klimawandelleugner als Terroristen geframet. Eine vorgeblich sozialdemokratische Innenministerin träumt von Sippenhaft und will mit dem Finanzminister zusammen die Gelder für politische Bildung kürzen. Europa verrät endgültig seine Werte, baut die Festung Europa aus und lässt und Menschen in der Wüste elendig zu Grunde gehen lässt, weil die „alte weiße Männer“- Generation sich um ihren Wohlstand sorgt und sich vor dem „bösen Fremden“ fürchtet. Das vorgebliche Bildungsbürgertum relativiert Antisemitismus als „Jugendsünde“, fällt auf die neue Rechte rein und reproduziert fleißig deren Narrative der „woken Sprachpolizei“, des „Fleischverbotes“, der „Klimaterroristen“ und sonstigem Schwachsinn.

Gerade jetzt ist politische Bildung, Aufklärung und Aktivismus wichtig! Daher haben wir uns nach langem hin und her entschieden unsere Geburtstagsfeier am 16. September abzusagen. Die Entscheidung ist uns nicht leichtgefallen. Aber wir hoffen gestärkt aus dieser „Krise“ hervorzugehen und unseren Vereinsgeburtstag im nächsten Jahr nachholen zu können, mit hoffentlich vielen neuen aktiven Vereinsmitgliedern am Start!