Gedenken der Opfer der NS- Psychiatrie

Heute gedenken wir der Opfer des menschenverachtenden Euthanasieprogramms der Nationalsozialisten. Am 18. August 1939 begannen die Nazis die „Aktion T4“, die systematische Ermordung von Menschen mit Behinderungen, die im Weltbild des Nationalsozialismus als nicht lebenswert angesehen wurden. Zynisch nennen sie es „Vernichtung lebensunwerten Lebens“. Menschen mit Behinderung wurden als „unnötige Fresser“ bezeichnet, um ihr Mordprogramm zu rechtfertigen. Zuvor propagierten die Nazis, dass es aus finanziellen und aus angeblich „humanen“ Gründen besser sei, diese Menschen dem „Freitod“ zuzuführen, mit dem Ziel die Bevölkerung auf dieses menschenverachtende Programm einzustimmen. Zu Beginn dieses Mordprogramms kam es aber zu Widerstand von Eltern und Angehörigen der Betroffenen und hohen Kirchenvertretern, wie dem Kardinal Clemens August Graf von Galen. Der große Widerstand von Bevölkerung und Kirche führte dazu, dass dieses Mordprogramm offiziell beendet werden musste.
Die Nationalsozialisten führten die Ermordung der Menschen jedoch dezentral heimlich, unter dem Namen „Aktion 14f13“, auch als „Sonderbehandlung 14f13“ bezeichnet, weiter fort. Dies bedeutete de Tötung und Selektion von alten, kranken und nicht mehr arbeitsfähigen KZ- Häftlingen von 1941- 1944. Für diese Euthanasieaktionen wurden vornehmlich ab Herbst 1941, die nach dem äußerlichen Stopp der T4 Euthanasieaktion nicht mehr ausgelasteten Tötungsanstalten und deren inzwischen „erfahrenes“ Personal genutzt. Der die Zahlen- und Buchstabenkombination „14f13“ entstammte der NS- Bürokratie und setze sich aus der Ziffer „14“ für den Inspekteur der Konzentrationslager „t“ für Todesfälle und „13“ für die entsprechende Tötungsart, in diesem Falle Tötung durch Gas.
Am 30. November 1942 folgte der sogenannte „Hungererlass“ des gleichgeschalteten Innenministeriums. Hier wurde in typischer Verwaltungssprache verfügt „arbeitsunfähige“ Menschen ohne unmittelbaren „Nutzen“ für die „Volksgemeinschaft“ eine fett- und fleischlose, kohlehydratarme „Sonderkost“ erhalten sollten. Mit dieser „Sonderkost“ und auch häufig in Kombination mit vom Anstaltspersonal verabreichter Medikamentenüberdosis wurden die Betroffenen Menschen in kürzester Zeit ermordet. Auch über das Kriegsende hinaus starben noch zahlreiche Menschen in Folge des Hungererlasses. Die konkrete Zahl der Opfer des Hungererlasses in den Heil- und Pflegeanstalten ist bis heute nicht bekannt. Insgesamt sind bis 1945 etwa 200.000 Menschen durch die „Aktion T4“ und der weiterführenden „Aktion 14f13“ ermordet worden. In der Zeit von 1933- 1945 forderte die NS- Rassenideologie insgesamt 600.000 Opfer.
Die menschenverachtende Ideologie der Eugenik, dem verzerrten Weltbild des „Gesunden Menschen“ lebt bis heute weiter. Ableismus ist und bleibt ein weit verbreitetes Problem in unserer Gesellschaft, dem wir mit aller Kraft entgegentreten müssen.
Auch bei uns in der Pfälzer Region fand dieses grausame Euthanasieprogramm statt. Die Heil- und Pflegeanstalt bei Klingenmünster war auch Teil der verbrecherischen Maßnahmen der NS-Psychiatrie.
Untersuchungen belegen, dass mindestens 264 Patientinnen und Patienten der Anstalt deportiert wurden und außerhalb von Klingenmünster in anderen Einrichtungen gewaltsam zu Tode kamen. Etwa 1700 weitere Patienten starben in Klingenmünster durch gezielten Nahrungsentzug, unterlassene Hilfe und vermutlich auch durch Überdosierung von Medikamenten. Zudem war die Anstalt aktiv in die NS-Erbgesundheitspolitik und die Durchführung von Zwangssterilisationen in der Pfalz eingebunden.
Im heutigen Pfalzklinikum in Klingenmünster gibt es eine Gedenkstätte dass sich mit dieser dunklen Zeit auseinander setz, die eigene Geschichte aufarbeitet und so einen wichtigen Beitrag zur lokalen Erinnerungskultur leistet. Auf dem klinikeigenen Friedhof des Pfalzklinikum befindet sich ein Mahnmal, an dem jedes Jahr der ermordeten Menschen gedacht werden.
Für mehr Informationen zur NS Psychiatrie in der Pfalz und zur Gedenkstätte im Pfalzklinikum:
https://www.pfalzklinikum.de/uebe…/geschichte/gedenkarbeit
https://www.ns-psychiatrie-pfalz.de/home
Weitere Quellen:
http://www.ns-euthanasie.de/
https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/…/Hungerkos…
https://de.statista.com/…/opfer-der…/

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