Pressemitteilung AgR Südpfalz e.V.

Am vergangenen Samstag fand in Landau eine Demonstration zur „Seebrücke“ statt. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass einige Menschen die Symbolik mit dem Sarg und der Europa-Fahne so verstanden, dass man Europa begraben würde, man also gegen Europa sei. Dem ist selbstverständlich nicht so. Wir haben die Werte Europas symbolisch begraben, weil Werte wie „Humanität“, „Hilfsbereitschaft“, „Solidarität“ und allgemein die Wahrung der Menschenrechte seit Anfang des Jahres durch die europäische Abschottungspolitik mit Füßen getreten werden.

„Ganz wichtig ist hierbei das Wort „symbolisch“. Dass man mit so einer Aktion auch durchaus polarisiert, ist ganz klar; dennoch hätte ich mir persönlich mehr Vorsicht bei der späteren Berichterstattung bzw. Wortwahl in der Presse gewünscht, besonders im Hinblick darauf, wie hochsensibel gerade alles ist und man so schnell den Hassrednern und dem rechten Spektrum in die Hände spielt.“ (Zitat MAI, Sängerin)

Und genau dieses Wort hat bei den Berichterstattungen im Anschluss leider gefehlt.

Es ist ein hochsensibles Thema, denn „Menschen suchen in ihrer Angst und Verzweiflung Schutz vor Krieg und Elend in Europa. Sie sterben auf ihrem Weg zu uns im Mittelmeer! Im Jahr 2018 ist bislang jeder 5. Geflüchtete, der den Weg übers Mittelmeer in Kauf nahm, in eben diesem ertrunken! Weit über 1600 Menschen haben in diesem Jahr aufgrund der europäischen Abschottungspolitik auf dem Mittelmeer ihr Leben verloren!“ (Zitat Tanja Sattler)

Es ist ein Thema, das Menschen bewegt. Egal, ob wir von den 400 in Landau sprechen, den 600 in Karlsruhe vor ein paar Wochen oder von den 240.000 Menschen, die in Berlin an der #unteilbar- Demo teilgenommen haben. Sie alle erklären sich solidarisch mit den Menschen in Not. Und damit sind sie nicht allein, auch eine Vielzahl prominenter Künstler aus allen möglichen Bereichen macht sich stark für ein Europa, das für seine Werte einsteht.

Die Kritik, die sich unsere Demonstration gefallen lassen muss, sind die gerufenen Parolen, die teils über das Ziel hinausschossen. Auch hier muss nochmals betont werden, dass das Thema aufgrund der zahlreichen Toten sehr emotional ist und daher Parolen gefallen sind, die keiner wortwörtlich meinte. Niemand möchte „Feuer und Flamme den Abschiebebehörden“, auch diese Phrase ist symbolisch zu verstehen, getreu der Redewendung „jemandem Feuer unterm Hintern machen“.

Für diese missverständlichen Ausrufe entschuldigen wir uns hiermit öffentlich.

Die Kritik an der Performance Kaja Loris, die übrigens mehr ist als „eine Frau mit roter Nase“, ist jedoch nicht gerechtfertigt. Die Künstlerin ist eine erfahrene Clownin und bekannte Bühnenschauspielerin. Sie trug auch kein Kreuz bei sich sondern ein Holzschwert, das sie eingesteckt hatte und der Bedeutung ihrer Performance wurde in den Redebeiträgen im Anschluss mehrmals Rechnung getragen. Es wurde wieder und wieder betont, dass man Europa liebt und gern hier lebt und dass wir gerade aus diesem Grund diese Demonstration veranstaltet haben: Um Europa wach zu rütteln, „um ein deutliches und unüberhörbares Signal nach Berlin und nach Brüssel zu schicken“ (Tanja Sattler). Oder wie Pfarrer Leonhard es ausdrückte:

„Als überzeugter Europäer möchte ich Europa nicht beerdigen,
aber den Krieg und die Kriegstreiberei im Mittelmeer.
Menschen in Seenot nicht zu retten, ist völkerrechtswidrig.
Und so fordere ich Politikerinnen und Politiker im EU Parlament, aber auch in unseren Parlamenten auf, alles zu tun, damit diesem Krieg ein Ende gesetzt wird.“

Die große Idee Europa wurde betrauert. Dass Abschottung vorherrscht anstatt Brückenbau und Solidarität. Eben diese Idee wurde in allen Reden deutlich dargestellt. Kajas Performance hat dies überzeichnet dargestellt, etwas, das Kunst schon immer getan hat. Es ist eines der Stilmittel schlechthin in der Kunst und darum auch nicht anzufechten.

Alles in allem wollten wir aufrütteln und eine Diskussion um Europa anregen: Wie steht es um Europa derzeit und wie kann Europa in 10 Jahren aussehen? Soll man sich abschotten und weitere 1600 und mehr Tote in Kauf nehmen? Oder übernimmt man die Verantwortung für das durch Europa mit verursachte Leid in Afrika und anderen Ländern und bietet den von dort fliehenden Menschen sicheres Geleit nach Europa? Und wäre es nicht auch an der Zeit, endlich die Bekämpfung der Fluchtursachen anzugehen und nicht nur das daraus resultierende Symptom?

Für die Diskussion darüber sind wir jederzeit bereit. Sei es in Facebook, per Mail an agr_suedpfalz@posteo.de oder persönlich bei einem unserer Aktiventreffen.

Stellungnahme zum Artikel „Keine Demo mit Radikalen gegen Rechte“ in der Rheinpfalz vom 13.10.2018

Die in dem Rheinpfalzbericht vom 13.10.2018 wiedergegebenen Aussagen von Thomas Gebhart (Vorsitzender CDU Kreis Germersheim, MdB und parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Gesundheit)  und Michael Niedermeier (Vorsitzender CDU Kandel), warum die CDU sich nicht an den Gegendemonstrationen in Kandel beteiligt, haben vielerorts für Aufregung gesorgt, auch in unserem Verein. Als Aufstehen gegen Rassismus Südpfalz e.V. sind wir seit Jahresbeginn in Kandel aktiv und unterstützen solidarisch die Kandeler Bürger bei ihrem Kampf gegen den rechten Spuk, der monatlich durch die Straßen von Kandel marschiert. Wir verstehen uns als antifaschistische Gruppierung. Der absolute Verzicht auf körperliche und verbale Gewalt, sowie sonstiger militanter Mittel ist in unserem Verein in der Satzung niedergeschrieben und Grundvoraussetzung für eine Mitgliedschaft. Das gleiche gilt für alle anderen antifaschisitischen Gruppierungen, welche sich Monat für Monat friedlich den Rechten in Kandel entgegenstellen. Wie sagte Alexander Schweitzer bei seiner Rede letzten Samstag in Kandel so schön? „Ich bin Antifaschist, weil ich Demokrat bin! Die Herren Gebhart und Niedermeier haben mit ihrer Aussage alle friedlichen Demokraten, die Monat für Monat in Kandel auf die Straße gehen und dort Gesicht und Haltung zeigen, pauschal kriminalisiert und in eine gewaltbereite Ecke gestellt! Dies wollen und können wir so nicht unkommentiert stehen lassen.

„Herr Thomas Gebhart, Herr Michael Niedermeier,

die Einschätzung der CDU zur Situation in Kandel überrascht zwar nicht, sie ist jedoch weder sachlich richtig, noch zeugt sie vom notwendigen politischen „Standing“, das unsere Demokratie in diesen Zeiten dringend bräuchte.

,Die Antifa‘ kann nicht vom Verfassungsschutz beobachtet werden, da es sich hierbei nicht um eine Organisation handelt. Vielmehr bezeichnet ,Antifa‘ verschiedensten Gruppen, die sich gegen Faschismus engagieren.
Unbestritten ist, dass linksautonome, gewaltbereite Gruppen beobachtet werden – von diesen war jedoch in Kandel bisher keine vor Ort.
Daher fordern wir Sie hiermit nachdrücklich auf sich zu erklären und zu Ihrer Aussage Stellung zu beziehen! Welche in Kandel aktive antifaschistische Gruppierung wird, wie von Ihnen behauptet, vom Verfassungsschutz beobachtet? Von welcher „Antifa“ sprechen Sie?

,Freiheitlich demokratische Parteien‘ haben somit in Kandel nichts, aber auch gar nichts mit linksEXTREMEN Gruppen ,am Hut‘.
Sie unterstützen den Protest gegen Rassisten, Rechtsextreme und Hetzer. Friedlich und vereint, laut und konsequent.

Mit Ihrer Stellungnahme diskreditieren Sie alle, die nicht tatenlos zusehen (wie die CDU): Kandel gegen Rechts, Die Partei, die Jusos, die Junge Grüne, die Linksjugend, die Grünen, SPD, Vertreter der Kirchen, Lokalgruppen der Offene Antifaschistische Treffen und zahlreiche Bürgerinnen und Bürger, die für Demokratie, Toleranz und Miteinander auf die Straße gehen.
Was uns alle eint – ob bürgerlich, links, alternativ,… – wir sind Demokraten. Alle.

Die Sachlage in Kandel lässt sich weder aus dem ,politischen Elfenbeinturm‘ (schon gar nicht, wenn er eher auf der rechten Seite der Straße steht), noch aus der Distanz eines Polizeifahrzeugs beurteilen.
Eine solche ,Info aus erster Hand‘ stünde gerade auch dem Vorsitzenden des CDU Stadtverband Kandel, Michael Niedermeier, gut zu Gesicht.

Hier muss sich auch die CDU fragen lassen, ob das ,Nicht-Positionieren‘ bzw. das massive, und zum Großteil auf nicht beweisbaren Behauptungen fundierte, Diskreditieren der Gegenproteste politischem Kalkül entspringt.
Ist das die Strategie für die anstehende Kommunalwahl? Unter dem Motto:,Ein wenig Fischen am rechten Rand‘?

Wie dem auch sei: in diesen Zeiten muss jeder Bürger und jede Partei sich entscheiden, was ihr die Freiheit und unsere Demokratie wert ist.
Die CDU hat sich entschieden, das zeigt dieses Statement mehr als deutlich.“ [CNB]